Der humanistische Autor und englische Staatsmann Thomas Morus oder Thomas More wird am 7. Februar 1478 als Sohn eines Richters in London geboren. In seiner Kindheit besucht er eine Lateinschule und dient bereits als zwölfjähriger Knabe als Page am Hof des Lordkanzlers Erzbischof John Morton von Canterbury. Dieser schickt ihn mit einem Stipendium für zwei Jahre nach Oxford, wo der junge Thomas Latein und Griechisch studiert. Ab 1496 beginnt er eine juristische Ausbildung und schließt diese 1501 mit seinem Examen in der Rechtsschule Lincoln's Inn ab. In der folgenden Zeit ist er Hochschullehrer, schreibt lateinische und englische Verse und arbeitet als erfolgreicher Rechtsanwalt und Unterhändler.
1504 wird er als Parlamentsmitglied gewählt. Sein Widerspruch gegen die Steuererhöhungen König Heinrichs VII. erregt großes Aufsehen. Morus heiratet noch im selben Jahr Joan Colt. Aus dieser Ehe gehen vier Töchter und ein Sohn hervor, jedoch stirbt seine Frau bereits 1510. Er heiratet dann die verwitwete Alice Middleton, die eine Tochter aus ihrer ersten Ehe mitbringt. Ab dieser Zeit arbeitet er in den kommenden acht Jahren als Undersherif von London und lehrt Recht an Lincoln's Inn.
Im Jahr 1516 veröffentlicht Morus seine bekannteste Schrift „Utopia“ über die Gestaltung eines idealen Gemeinwesens. Ein Jahr später tritt Thomas Morus in die Dienste des Königs, der ihn zum Mitglied des Geheimen Rates macht. Darüber hinaus vermittelt er in diesem Jahr bei den Mai-Unruhen in London. Morus wird 1521 zum Ritter geschlagen. Die in dieser Zeit auch in England sich verbreitenden Lehren Martin Luthers lehnt er ab. Er hilft Heinrich VIII. ein Schriftwerk über Luther zu schreiben, das dem König den Titel "Verteidiger des Glaubens" einbringt. Seine eigenen Aufzeichnungen über Martin Luther werden in ganz Europa gelesen. Er wird 1523 Parlamentssprecher und sechs Jahre später Lordkanzler.
In seinem Privatleben widmet sich Morus seinen Kindern und bietet ihnen beste Bildungsmöglichkeiten. Eine seiner Töchter, Margaret Roper, wird eine hervorragende Gelehrte ihrer Zeit.
Heinrich VIII., um einen Thronfolger bemüht, beantragt ohne Erfolg die Annullierung seiner kinderlosen Ehe beim Papst. Daraufhin betreibt der König die offizielle Loslösung von der Kirche in Rom. Dabei hofft er auf die Unterstützung seines Freundes Thomas Morus. Doch der tritt von seinem Amt als Lordkanzler 1531 zurück und verweigert 1534 den Suprematseid, den Treueid auf die neue Verfassung, in der sich der König zum religiösen Oberhaupt der neuen Anglikanischen Kirche erklärt. Morus wird enteignet und im Tower inhaftiert. Durch ein Sondergericht wird er zum Tode verurteilt und am 6. Juli 1535 hingerichtet.
Thomas Morus war ein ungewöhnlich gebildeter Mann: ein fachkundiger Jurist, Schriftsteller und christlicher Humanist. Unbeugsam und bedingungslos hielt er an der von ihm erkannten Wahrheit fest. Zu seinen Freunden zählte Erasmus von Rotterdam und der Maler Hans Holbein, der ihn 1527 porträtierte.
Im Jahre 1886 erfolgte die Seligsprechung und 1935 die Heiligsprechung durch die Katholische Kirche. Papst Johannes Paul II. bezeichnete ihn im Jahr 2000 als Patron der Regierenden und der Politiker. Sein Gedenktag ist in der Katholischen Kirche der 22. Juni, während die Anglikaner nach altem Julianischem Kalender sein Gedenken am 6. Juli feiern.