Die Feier des 80. Geburtstages des Kunsthistorikers Gerhard Walter Ende August letzten
Jahres war einzigartig. Freunde hatten für ihn alles vorbereitet und Gäste aus ganz
Deutschland folgten der Einladung. Der Jubilar, vom Krebs geschwächt, sprach vom
Abschiedsfest. Jetzt, am 27.01.2020, ist er verstorben. In Mecklenburg war er mit seinen
Vorträgen ab 2002 mehr als 15 Jahre für das Thomas-Morus-Bildungswerk aktiv.
Am 30.08.1939 wurde Gerhard Walter in eine Familie in Kamenz geboren. Dort und in
Frankfurt/M. bei Verwandten wuchs er auf. Die Schulzeit setzte er in einem Internat in
Xanten fort, ging 15-jährig aber zurück in seine Heimat. Nach dem Abitur sollte er
Kunsterzieher werden, was nicht seinen Vorstellungen entsprach. Er studierte, seinen
Interessen folgend, in Leipzig und Halle, machte den Abschluss in Kunstgeschichte. Einen
Bruch seiner beruflichen Entwicklung brachte seine Verweigerung des Wehrdienstes. Die
vorgesehene Promotion wurde verwehrt und auch einen Arbeitsplatz fand er nicht. Pro forma
wurde er Assistent beim Alttestamentler Prof. Trilling in Leipzig, war aber als Referent,
Verbindungsmann und Kurier der katholischen Studentengemeinden tätig. Es wurde eine
großartige Zeit für ihn mit Freunden und Kontakten, die ein Leben hielten. Später arbeitete er
für Verlage, war einer der Redakteure bei der Neubearbeitung des „Lexikon der Kunst“ im
Verlag E. A. Seemann, unterrichtete am Priesterseminar in Erfurt, war am Predigerseminar in
Leipzig als „Spiritual“ tätig. Nach der Wende wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
Universität Cottbus, hatte Lehraufträge in Dresden und intensivierte seine Vortragstätigkeit.
Kennengelernt habe ich Gerhard Walter als Dozenten während des Studiums in Erfurt.
Seitdem kreuzten sich immer wieder die Wege im beruflichen und privaten Kontext.
Unvergessen sind mir die vielen, anregenden Gespräche. Für mich war Gerhard Walter eine
intellektuelle Ausnahmeerscheinung. Er war ein Büchermensch, ein Liebhaber schöner Dinge,
ein Kunstfreund, ein wandelndes Lexikon der christlichen Kunst- und Kirchengeschichte.
Sein wacher Geist, seine Anteilnahme am kulturellen Leben, seine tiefe Frömmigkeit, ließen
ihn aber auch immer leiden an Strukturen und kleingeistiger Beschränktheit. Der Gegenwart
verpflichtet, setzte er sich ein für moderne christliche Kunst. Dem Leben zugewandt, war er
Feinschmecker. Egal, ob Obst, Gemüse oder andere Lebensmittel. Auch hier suchte er
Qualität und das Besondere.
Seine Beerdigung hat er im letzten Jahr vorbereitet und einige Abschiedsbriefe geschrieben.
Am Donnerstag, dem 6. 02.2020, wird er zu Grabe getragen. Er wird fehlen. Möge er ruhen
in Frieden!
German Schwarz